Der Roman „Unterdeutschland“ sei, so Oliver Jungen in der FAZ vom 17. Februar 2021, „eine Art Heisenberg-Poetik des Wahnsinns, die Olaf Arndt gerade zu perfektioniert hat.
Stilistisch ein Bastard, so als hätten Thomas Pynchon, Helge Schneider und Heiner Müller gemeinsam die im Innern hoch nervöse Berliner Republik seziert.
So virtuos und technizistisch ausgefeilt wurde die Klaviatur von Verschwörungsmythen selten bedient.
Wer sich auf ein Abenteuer am Rande der Lesbarkeit und auf den Schwingen der Geschwätzigkeit einlässt, wird mit einem Walpurgisnachttraum auf der Höhe der Zeit belohnt.
Exuberanz (ist) das hervorstechendste Merkmal dieses stilistisch sicheren Romans, der uns auf köstlich unterhaltsame Weise überfordert.“
Rudolph Bauer verortet den Roman in der Neuen Rheinischen Zeitung vom 25. März 2021 zwischen Döblin und Orwell und zieht eine explizit politische Summe: „Auf seinem Weg durch den tiefen Staat kommt Falck an viele Stationen, die an Dantes Inferno in der Göttlichen Komödie erinnern. Er trifft auf ein Aktenvernichtungs-Zentrum und auf die Hacker einer ominösen Organisation. Zusammen mit anderen Protagonisten gerät er ins Getriebe mächtiger wirtschaftlicher und politischer Interessen. Zum Schluss stellt er fest, vom Geheimdienst auf eine falsche Fährte gesetzt worden zu sein.
Über dies alles nach Feierabend in seiner Kreuzberger Stammkneipe mit anderen zu reden, ist unmöglich. Falck stößt auf das Unverständnis derer, die in ihrer Alltagsbefangenheit nicht zu erkennen in der Lage sind, wie die Welt um sie herum sich verändert hat, wie sie selber und ihr Lebensstil abgekoppelt sind von den tatsächlichen Herrschaftsverhältnissen. Letztere sind autoritär, aber die gewöhnlichen Menschen und Kneipengänger wähnen sich in der Normalität einer Demokratie.“
siehe auch: „Hinter den Schlagzeilen: Angst, Panik und Kontrollwahn – Der erste Roman zur Corona-Krise„.
Der Isarbote macht es kurz und knackig: „Muss man gelesen haben!„
„UNSERE ZEIT – Die Sozialistische Wochenzeitung der DKP“ bringt in der Ausgabe April 2021 · Nr. 14 · 53. Jahrgang folgenden Beitrag: Innere Unsicherheit , der auch in Luxemburg erschienen ist, in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek.
Die Zweiwochenschrift „Ossietzky„, herausgegeben von Daniela Dahn, Rolf Gössner, Otto Köhler et al., sieht in ihrer Nummer 7/2021 „Unterdeutschland“ gar als „Jahrhundert-Roman“ und „verlegerisches Juwel„.
Westzeit-Autor Karsten Zimalia ist der Ansicht, dass „Arndt mit diesem Wälzer etwas gelungen (ist), das ich bisher für unmöglich gehalten hätte, nämlich als Deutscher ein Buch mit mehr als starkem, aber durchweg höchst delikatem Thomas-Pynchon-Geschmack zu schreiben.“ Er empfiehlt als Einstiegslektüre das hiesige Glossar, denn es „bietet nicht nur weitere rhizomatische Ansätze für neue DenkStränge, sondern kann auch gut als Appetizer für diese 520 Seiten bester Unterhaltung dienen. Und – wie bei Pynchon – bleibt die Frage: What is real?„
Am 19. Juli 2021 sendet der Leiter des Donaufestivals in Krems/Österreich, Thomas Edlinger, in seiner Sendung „Im Sumpf“ (ORF fm4), mit der er seit 26 Jahren im „Morast nach popkulturellen Perlen taucht“, ein 70-Minuten-Interview mit Musik zum Thema „Unterdeutschland“.
Er versteht den Roman als einen „tollwütigen Text„, der in Bezug auf Berlin ein Stück „Subkulturdenkmalpflege“ sei. Das Interview dreht sich um den gegenwärtigen Zug ins Autoritäre und den Schwund des Glaubens an Reparaturmöglichkeiten in Demokratien, den Zusammenhang von Datentransparenz und Geheimdienstlichkeit, Verschwörung als Theorie und Praxis, die Metapher der Wolke, den Faktor „Mensch“ in AI-und Biotechnik-Apps, die Funktion von Witz und Komik im modernen Roman, der sich schon jenseits des Genres befindet.
Die gesamte Sendung steht hier oben im Menü unter „Interview“ zum download bereit.
Am 31.7.2021 bespricht Kai Köhler den Roman für „Junge Welt“. Er liest ihn ein wenig wie ein politisches Manifest, sucht oft vergebens nach Auflösungen und weiter verfolgten Spuren (siehe Titel), kommt aber am Ende zu der Ansicht:
„Arndts Roman nur da zu loben, wo er politisch klar analysiert, würde allerdings dem Ganzen des Buchs nicht gerecht. Das Überbordende, Unkontrollierbare gehört dazu wie die Vermischungen von Tier und Mensch, Mensch und Maschine, von denen immer wieder die Rede ist. Sie alle haben mit Herrschaftstechnik zu tun wie auch mit einem Ungreifbaren, Anarchischen, das sich der Kontrolle immer wieder entzieht. Dieses Verhältnis ist eine Stärke, insofern das Buch die bevorstehenden Mittel staatlicher Herrschaft als sowohl herrschaftssichernd wie auch neue Widersprüche erzeugend begreift. Arndts souveränes literarisches Spiel mit diesen Widersprüchen deutet eine Position der Stärke an. Der notwendige nächste Schritt wäre, eine linke Subjektposition für den Kampf unter den absehbaren Bedingungen technisch erweiterter staatlicher Kontrolle zu finden.“